Die Fassade
Hallo Bergpartei! Auch wenn eure Ideen beim ersten Überfliegen der Homepage ganz gut sind, sind eure Wahlkampf (?) Mottos etwas unüberlegt. Eines davon hängt als Banner in der Auguststr.(Mitte) und lautet "Freiheit macht Arbeit". Wie ihr (vielleicht) wisst, finden in dem Stadtgebiet (die Synagoge ist um die Ecke) zahlreiche Führungen zum Thema "jüdisches Berlin" statt, die unter anderem auch von jüdischen Teilnehmern besucht werden. Während einer Führung ist dieses Banner also auch einem (älteren) jüdischen Teilnehmer aufgefallen, der kaum glauben konnte - was er da las. Ganz klar, welche Assoziation er hatte! Wenn also einer eurer Grundsätze "ausser für rassistische, sexistische oder nationalistische ansätze sind wir für alles zu haben" ist, dann hängt das da ab, denn es verstört jüdische Teilnehmer dieser Führungen (und nicht nur die) und ist gerade in dem Stadtgebiet mit besonderer jüdischer Geschichte MEHR als unangebracht (auch wenns für Euch nur ein Wortspiel ist)! Viele Grüsse, Kathy. hallo kathy erstmal möcht ich mich bei dir bedanken, dass du diesen dialog gestartet hast und weder zu feige noch zu faul warst, deine reaktion auf das banner an die richtige adresse zu schicken. wir haben diesen spruch weder unüberlegt, noch als blosses wortspiel an der fassade angebracht, sondern im vorhinein lange diskutiert. wir haben uns schliesslich entschieden, dass wir die kontroverse über diesen satz wichtiger finden, als diesen satz aus vorsicht vor missverständnissen fallen zu lassen. ich gebe zu, dass es am konsequentesten gewesen wäre, jemanden rund um die uhr vor der fassade sitzen zu lassen, der auf die reaktionen der passanten eingehen kann und solche missverständnisse aufklären kann. für mich ist dieses missverständnis allerdings nicht wirklich nachvollziehbar. hier steht nicht : "arbeit macht frei" sondern eben "freiheit macht arbeit", was für mich den sinn komplett umdreht. gerade bei einem banner an der fassade eines ehemals besetzten hauses finde ich den verdacht, wir würden mit faschistischen parolen symphatisieren, absurd. darf man eine gewisse bereitschaft zu differenzieren heutzutage nicht mehr vorraussetzen ? die freiheit, ein haus als unkommerziellen freiraum für ein kreatives zusammenleben zu etablieren, bedeutet wirklich arbeit, gerade heute in so einem touristisch überrannten bezirk wie mitte. das ist etwas, was man nicht kaufen kann, sondern wofür man mit eigeninitiative kämpfen muss. dass der satz gleichzeitig assoziationen an die nazizeit weckt, ist für mich keine unanständigkeit. assoziationen an die nazi-ära werden in diesem viertel an jeder ecke geweckt, wie z.b. durch die leerstehende jüdische schule gleich nebenan. wir wollen mit diesem satz auch sagen: unsere vergangenheit ist mitnichten erledigt und wir haben mitnichten alle schuld überwunden, wie uns die wm-euphorie beibringen sollte. während altnazis weiterhin in politik und wirtschaft führende rollen innehaben, zeigen uns die erfolge der npd, dass viele deutsche leider nichts aus der vergangenheit gelernt haben und genau den selben weg noch einmal einschlagen würden. der satz auf dem banner propagiert aber genau den entgegengesetzten weg. den vorwurf, es wäre unangebracht, diesen nazisatz in sein gegenteil umgekehrt aufzuhängen, finde ich genauso unnachvollziehbar wie das verbot, durchgestrichene hakenkreuze abzubilden. auch dass wir jetzt durch unseren schriftwechsel ein so sensibles und komplexes thema zumindest anfangen zu diskutieren, ist für mich ein sich lohnender arbeitsintensiver prozess, der durch freiheit(der meinungsäusserung) erst einmal zustande kommen kann. ich hoffe, wir führen diese diskussion fort. mit freundl. grüssen jan theiler von der bergpartei Hallo! Vielen Dank für die Antworten. Ich denke, meine eigene Meinung ist verhältnismässig uninteressant, bzw. nicht die eigentlich relevante (ich finde es nach wie vor problematisch). Viel wichtiger: was denken Jüdinnen und Juden dazu - fragt sie! Denn über etwas diskutieren ist die eine Seite - betroffen sein die andere! Was, wenn die e-mail von dem betroffenen (jüdischen) Herrn selbst gekommen wäre? Oder von jemandem, dessen Familie im KZ umgekommen ist? Was hättet ihr ihnen geantwortet - wahrscheinlich ist das nicht mehr so leicht (?)! Meines Erachtens ist also die wirklich wichtige Meinung zu diesem Banner nicht die von uns. Viele Grüsse, Kathy. Hallo nein, ich denke, dieses Argumentationsmuster, falls man das so nennen will, führt in erhebliche Probleme. Betroffenheit kann meines Erachtens kein Grund sein, Einwände und Argumentationen zu unterbinden; das Gegenteil nützt nach meiner Einschätzung auch den Betroffenen nicht. Ich würde meine Antwort – die ja übrigens auch zu keiner strikten Behauptung, sondern zu einer offenen Frage kommt – gerne in dieser Form auch dem betroffenen Herrn selbst zukommen lassen. Entsprechend hatte ich Deine mail auch als Gesprächsaufforderung verstanden und Deine Meinung eben nicht für uninteressant gehalten. Auf eine einfache Unterlassungsaufforderung, die keine Widerworte duldet (und entsprechend auch Jan Theilers, ebenso wie natürlich meine Meinung für uninteressant hält), könnte ich außer mit einem Argument gegen eine solche Aufforderung nicht eingehen. (Allerdings bin ich für das Auf- oder Abhängen der Plakate ja ohnehin nicht verantwortlich.) mit freundlichen Grüßen Nikolai Franke und hier die kommentare zum spruch auf dem dafür angebrachten brett an der fassade: "in der tat, so ist es " "eure fassade hat zuviel freiheit, könnte mehr arbeit gebrauchen." "faulheit und feigheit sind die ursachen, warum ein grosser teil der menschheit gern zeitlebens unmündig bleibt" "wir sind das grauen...wir sind, was volgt." "der spruch könnte aus der porsche-werbung sein !" "genau, so ist es, also machen wir uns an die freiheit. das macht gute arbeit." "im krieg ist die wahrheit das 1. opfer" "macht freiheit arbeit ? stimmt nicht !" "in deutschland ist es leider umgekehrt." "schöner siechen ist ein besserer name " "dieser spruch könnte die gefühle von altnationalsozialisten verletzen " "dummheit schafft freizeit" "kümmert euch um obdachlose, gebt ihnen eine chance und arbeit !" "erst denken, dann handeln " "warum nicht täglich zigtausende amok laufen,bleibt das allergrösste rätsel der menschheit" "arbeit macht arbeit" "piratenpartei.de, gründung morgen !" "ist total klasse !" "abgefuckt !" "freiheit macht geist " "mehr platz für kommentare" "leander und marko sind doof" "eisern union !"
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